resonanzraeume:resonanzraum_25-007
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- | ==== Zimmer | + | ==== Zimmer |
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- | Er steht morgens auf, lange bevor das Licht kommt. Er muss nicht sehen, dass es Tag wird – er weiß es. Sein kleiner Bruder schläft | + | |
- | Er geht zur Fensterbank, auf Zehenspitzen, | + | Zuerst fiel das Licht aus. |
- | In der Schule sagen sie, er solle aufhören, Dinge zu erfinden. Aber er weiß: Manche Dinge sind da, bevor sie ausgesprochen werden. \\ | + | Dann das Wasser. |
- | Sein Vater ist noch nicht zurück. Oder vielleicht nie da gewesen. Das spielt keine Rolle mehr. Er hat etwas anderes gelernt: wann die Luft umschlägt. wann jemand denkt, dass er klein sei, obwohl er es nicht ist. Wann es besser ist, die Stimme | + | Dann der Empfang. |
- | Heute, hat er beschlossen, | + | Dann die Stimme der Nachbarin. |
- | Und dann wird er – für sich – die richtigen Sterne ziehen. Nicht vom Himmel. | + | |
+ | Am vierten Tag hörte man nur noch das eigene Herz – | ||
+ | und die leisen Geräusche, | ||
+ | die einen wissen lassen, | ||
+ | dass ein Haus noch lebt: | ||
+ | Staub, der sich setzt. | ||
+ | Rost, der wächst. | ||
+ | Mauern, die sich verziehen, | ||
+ | weil niemand mehr atmet. | ||
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+ | Sie lag auf der Kellertreppe, | ||
+ | nicht weil sie gefallen war, | ||
+ | sondern weil dort der einzige Ort war, | ||
+ | an dem keine Splitter flogen. | ||
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+ | Ihr kleiner Bruder hielt ihre Hand. | ||
+ | Er hatte seit Stunden nichts gesagt. | ||
+ | Er wusste, dass Worte | ||
+ | nichts mehr hielten. | ||
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+ | Oben hatte die Mutter zuletzt geschrien. | ||
+ | Aber nicht nach jemandem. | ||
+ | Nur so. | ||
+ | Als ob die Kehle allein | ||
+ | gegen das Zerfallen ankämpfen könnte. | ||
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+ | Und dann kam dieses Geräusch. | ||
+ | Kein Knall. | ||
+ | Ein Riss. | ||
+ | Wie wenn ein Gedanke zerreißt, | ||
+ | von dem man geglaubt hatte, | ||
+ | er sei noch möglich. | ||
+ | |||
+ | Sie erinnerte sich an einen Hund. | ||
+ | Er hatte sie einmal gebissen, | ||
+ | und sie hatte nie verstanden warum. | ||
+ | Jetzt verstand sie es. | ||
+ | Manchmal beißt man nicht, | ||
+ | weil man hasst. | ||
+ | Sondern weil man | ||
+ | nicht mehr weiß, | ||
+ | was anderes geht. | ||
+ | |||
+ | Sie flüsterte ihrem Bruder | ||
+ | dass er morgen die Steine zählen dürfe. | ||
+ | Das hatte sie erfunden. | ||
+ | Ein Spiel. | ||
+ | Damit der nächste Tag eine Form hatte. | ||
+ | Vielleicht war das alles, | ||
+ | was Hoffnung war: | ||
+ | Eine gezeichnete Linie | ||
+ | in den Staub einer Stufe. | ||
+ | |||
+ | Und dann – | ||
+ | war es still. | ||
+ | So still, | ||
+ | dass man hören konnte, | ||
+ | wie der Himmel | ||
+ | wenn er weiß, | ||
+ | dass niemand ihn | ||
+ | mehr ansieht. | ||
+ | \\ | ||
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