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text:krakau_23

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text:krakau_23 [2023/11/28 18:41] (aktuell)
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 Aber, natürlich geht es auch um den Krieg. Agnieska erzählt mir, wie die polnische mit der ukrainischen Gesellschaft zusammen wachse. Wie überkommene Vorurteile sich auflösen und vergangene Schuld vergeben wird. Wieviel Drohung, aber auch Hoffnung in diesem grausamen Konflikt liegt. Drohung einer Unterwerfung in die Würdelosigkeit. Hoffnung darauf, diese Drohung endlich los sein und sich endlich ohne sie in eine freie Zukunft entfalten zu dürfen.\\ Aber, natürlich geht es auch um den Krieg. Agnieska erzählt mir, wie die polnische mit der ukrainischen Gesellschaft zusammen wachse. Wie überkommene Vorurteile sich auflösen und vergangene Schuld vergeben wird. Wieviel Drohung, aber auch Hoffnung in diesem grausamen Konflikt liegt. Drohung einer Unterwerfung in die Würdelosigkeit. Hoffnung darauf, diese Drohung endlich los sein und sich endlich ohne sie in eine freie Zukunft entfalten zu dürfen.\\
  
-Krysia ist anmutig und tödlich wie eine Romanfigur. Sie erzählt mir von Grausamkeiten der russischen Armee. Ich sage ihr, dass auch wieder Zeiten des auf einander zu Gehens kommen werden, nach der Entmenschlichung jetzt. Sie glaubt mir nicht, erkennt aber meinen guten Willen an. Ich versuche ihr vorsichtig, die Botschaften der gealterten Partisanen von meiner [[text:nordirland_22|Nordirlandreise]] im letzten Jahr zu übermitteln. Krysia war es, an die ich dort oft hatte denken müssen. Aber ich sehe, dafür ist jetzt nicht die Zeit. Vielleicht wird Krysia sich daran erinnern. Irgendwann nach dem Krieg.\\+K. ist anmutig und tödlich wie eine Romanfigur. Sie erzählt mir von Grausamkeiten der russischen Armee. Ich sage ihr, dass auch wieder Zeiten des auf einander zu Gehens kommen werden, nach der Entmenschlichung jetzt. Sie glaubt mir nicht, erkennt aber meinen guten Willen an. Ich versuche ihr vorsichtig, die Botschaften der gealterten Partisanen von meiner [[text:nordirland_22|Nordirlandreise]] im letzten Jahr zu übermitteln. K. war es, an die ich dort oft hatte denken müssen. Aber ich sehe, dafür ist jetzt nicht die Zeit. Vielleicht wird K. sich daran erinnern. Irgendwann nach dem Krieg.\\
  
-Ich sage ihr, dass wir Deutschen für die Welt lange die Bösen waren, oder noch sind. Die, von denen man denkt, dass man ihnen niemals wird werden verzeihen können. So, wie das für Krysia jetzt die Russen sind. „Das ist etwas anderes.“ sagen mir Krysias Augen. +Ich sage ihr, dass wir Deutschen für die Welt lange die Bösen waren, oder noch sind. Die, von denen man denkt, dass man ihnen niemals wird werden verzeihen können. So, wie es für K. jetzt mit die Russen sind. „Das ist etwas anderes,“ sagen mir K.'Augen. 
-}===== 5: zweites Zwischenspiel =====+===== 5: zweites Zwischenspiel =====
  
 //**(2023-01-21, an den Tuchhallen)**//\\ //**(2023-01-21, an den Tuchhallen)**//\\
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 +{{:logbuch:krakau03:07-demo.jpg?nolink&400|}}
  
 Die Wahrnehmung der Welt und der Ereignisse darin ist hier, im polnischen Osten des Westens, ganz anders als in Deutschland. Hier ist Freiheit ein kostbar empfindliches Gut, gerade in schweren Kämpfen errungen und jederzeit verlierbar. Wenn man nicht für sie einsteht. Die Bedrohung durch Russland ist hier evident, konkret und riesengroß. Vor einigen Tagen sprach der russische Außenminister Lawrow von einem Antislawismus des Westens. Für deutsche Ohren könnte darin etwas möglicherweise Bedenkeswertes liegen. Eine gewaltige russische Anmaßung dagegen hören polnische oder ukrainische Ohren. Als Slawinnen und Slawen glaubt man hier, daß Russland ihre spezielle Identität und Kultur vernichten will - und wird, wenn niemand das verhindert. Der russische Panslawismus bedeutet hier eine plumpe imperiale Geste. Dass jemand im Westen deswegen ins Nachdenken gebracht werden kann, erscheint grotesk. „So wenig wisst ihr von uns?“, so fragt man sich hier aufs Neue.\\ Die Wahrnehmung der Welt und der Ereignisse darin ist hier, im polnischen Osten des Westens, ganz anders als in Deutschland. Hier ist Freiheit ein kostbar empfindliches Gut, gerade in schweren Kämpfen errungen und jederzeit verlierbar. Wenn man nicht für sie einsteht. Die Bedrohung durch Russland ist hier evident, konkret und riesengroß. Vor einigen Tagen sprach der russische Außenminister Lawrow von einem Antislawismus des Westens. Für deutsche Ohren könnte darin etwas möglicherweise Bedenkeswertes liegen. Eine gewaltige russische Anmaßung dagegen hören polnische oder ukrainische Ohren. Als Slawinnen und Slawen glaubt man hier, daß Russland ihre spezielle Identität und Kultur vernichten will - und wird, wenn niemand das verhindert. Der russische Panslawismus bedeutet hier eine plumpe imperiale Geste. Dass jemand im Westen deswegen ins Nachdenken gebracht werden kann, erscheint grotesk. „So wenig wisst ihr von uns?“, so fragt man sich hier aufs Neue.\\
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 //**(2023-01-23, im Flieger)**//\\ //**(2023-01-23, im Flieger)**//\\
  
-Das Flugzeug ist wieder über den Wolken. Unsere Welt hat sich ein Stück weiter gedreht. In Paris bei den Feierlichkeiten zum Élysée Vertrag hat die deutsche Außenministerin verkündet, dass Deutschland den Lieferungen offensiver Kampfpanzer an die Ukraine nicht mehr entgegen steht. Diese Aussage war nicht Teil der Verlautbarungen bei der "Ukraine-Kontaktgruppe" in Rammstein am Freitag. Sie kam weder vom Kanzler noch vom Verteidigungsminister. Ein Signal an Europa sehe ich darin und ein Herunterspielen des Ranges dieser Entscheidung. Wenn es denn im Hintergrund tatsächlich eine gemeinsame Entscheidung der deutschen Regierung ist.\\+Das Flugzeug ist wieder über den Wolken. Unsere Welt hat sich ein Stück weiter gedreht. In Paris bei den Feierlichkeiten zum Élysée Vertrag hat die deutsche Außenministerin verkündet, dass Deutschland den Lieferungen offensiver Kampfpanzer an die Ukraine nicht mehr entgegen steht. Diese Aussage war nicht Teil der Verlautbarungen bei der "Ukraine-Kontaktgruppe" in Ramstein am Freitag. Sie kam weder vom Kanzler noch vom Verteidigungsminister. Ein Signal an Europa sehe ich darin und ein Herunterspielen des Ranges dieser Entscheidung. Wenn es denn im Hintergrund tatsächlich eine gemeinsame Entscheidung der deutschen Regierung ist.\\
  
 In Russland hat eine einfache Geschichte alles andere verdrängt. Es gibt keine alternativen Erzählungen mehr, die sich Gehör verschaffen könnten, außer im privaten und verborgenen. So erscheint es mir hier. Wenn es so wäre, wäre Russland blind und hilflos radikalisiert.\\ In Russland hat eine einfache Geschichte alles andere verdrängt. Es gibt keine alternativen Erzählungen mehr, die sich Gehör verschaffen könnten, außer im privaten und verborgenen. So erscheint es mir hier. Wenn es so wäre, wäre Russland blind und hilflos radikalisiert.\\
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 Die Wolken sind jetzt aufgerissen. Unten liegen  Felder, Seen, Städte und Wälder. Was für ein schönes Land!\\ Die Wolken sind jetzt aufgerissen. Unten liegen  Felder, Seen, Städte und Wälder. Was für ein schönes Land!\\
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 +{{:logbuch:krakau03:04-herz.jpg?nolink&400|}}
  
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text/krakau_23.1697820469.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/10/20 18:47 von admin